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Und was hat Uli Zagorni nach der Grundschule gemacht?
Vier Jahre Kantschule, in der schönen “Tautschule” an der Fischerstr. Eine gute Zeit, aber das ist eine andere Geschichte.
Abitur 1963, danach Lehre bei der Deutschen Reichsbahn im RAW Schöneweide - dem S-Bahnwerk. Das war noch zu Zeiten, als die
S-Bahn zuverlässig und pünktlich war.
Und ohne Sand bremsen konnte,
Schon nach einem Jahr konnte ich die Lehre beenden mit der bombastischen Berufsbezeichnung “Elektromontageschlosser” und
sogar einem Reichsbahndienstgrad. Ein Jahr sollte reichen, weil wir erstens das Grundwissen bei dem “Unterricht in der
Produktion” gelernt gehabt haben sollten und es
zweitens eigentlich vorgesehen war, dass wir Lehrlinge zumeist anschließend
ein Studium aufnehmen sollten. Deshalb waren während der Lehrausbildung zusätzliche Lehrgänge, Exkursionen, aber auch Prüfungen
angesetzt; man hat sich um uns gekümmert! Und während des Studiums bekamen wir Frei- und Heimfahrscheine und auch etwas Geld für
Bücher. Man kann sagen, was man will, aber das war sehr ordentlich.
Dann kamen also fünf Jahre Studium an der Hochschule für Verkehrswesen Friedrich List, Dresden, Fachrichtung Elektrische Bahnen
und Anlagen. Die Ausbildung war recht gut und man musste sich schon durchaus anstrengen, um mitzukommen. Jedenfalls haben wir
Achtung bekommen vor der Wissenschaft und Mut und Selbstvertrauen, auch schwierige Probleme zu durchdenken und anzupacken, Abschluss
als Diplomingenieur 1969, das Beste war allerdings, dass ich damals Erika, meine Frau kennengelernt habe.
Elektrische Bahnen gab es dann 1969 aber doch nicht mehr, und ich bin erstmal nach Berlin gegangen zur BVG, oder BVB, wie es damals hieß.
Projektierung von Bahnstromanlagen. Dort habe ich mich ein Jahr rumgequält, mit uralter Technik, größten Schwierigkeiten, irgendwas Neues
hinzukriegen. Im Prinzip waren die Ingenieure dort Hilfskräfte, die gern auch zum Schneeräumen oder als Aufsicht auf den U-Bahnhöfen bei
Großereignissen eingesetzt wurden. In der Zeit ist mir auch mal Gudrun beigesprungen, die damals beim Außenhandel beschäftigt war,
mit der Vermittlung eines Händlers aus dem “Westen”, der uns irgendwelche unbeschaffbaren Schaltschütze besorgen konnte.
Nach einem “Anstandsjahr” habe ich mich nach was anderem umgesehen. Bei einer Familienfeier traf ich damals die Eltern von Volker Möbius.
Als ich denen meinen Unwillen schilderte, sagten sie: komm doch zu uns, zum “Maschinellen Rechnen DVZ”, dort werden junge Akademiker aller
Ausbildungsrichtungen gesucht, eine ganz neue Technik mit Zukunft, eventuell. Wenn mich einer so bittet, kann ich nicht nein sagen, und so
bin ich dorthingegangen,
Damit endete meine Verbindung zur Bahn und der Verkehrstechnik, und es begann mein persönliches Computerzeitalter. Natürlich habe ich noch
immer eine Liebe zur Eisenbahn, obwohl manche Liebe einem nicht nur Freude bereitet.
Wie viele sicherlich noch wissen, war Volkers Vater durch eine Verletzung im Krieg erblindet. Als ich ihn kennenlernte, war er Stenograf beim
Rundfunk in der Nalepastr. Deshalb war die Familie auch nach Berlin gezogen und Volker kam in unserer Klasse. Ich habe damals Herrn Möbius
bewundert, wie er mit seinen Schreibgeräten für BrailleSchrift, Lochstreifen und sonstigen mir unbekannten Geräten umgehen konnte. Er konnte
auch sehr gut Schachspielen, auch Skat und sowas, allerdings hatten die Karten Markierungen in Blindenschrift, und man musste immer ansagen,
was man ausspielte, was man im Eifer des Spiels oft vergaß.
Nun war er also zur Computertechnik zum Maschinellen Rechnen gewechselt und konnte seine großen Fähigkeiten im ingenieurmäßigen Denken
anwenden. Ich habe das immer als eine wirklich gute Sache empfunden, dass die neue Technik ihm diese Möglichkeiten gegeben hat. Karlheinz
war dabei der große Planer und Entwickler, während Frau Möbius ihm zuarbeitete und die Rechnerprotokolle vorgelesen hat. Ich erinnere mich,
dass beide hochgeachtet und beliebt waren, und meine einschätzen zu können, dass sie beide mit ihrer Situation zufrieden waren. Mir waren
sie die ganze Zeit bei MR gute Kollegen und freundliche, interessierte Mitmenschen.
Computer waren wie für mich erfunden und ich konnte diese wahnsinnige Entwicklung in den letzten 40 Jahre unmittelbar und Schritt für Schritt
miterleben. Als Ingenieur habe ich in der Softwareentwicklung gearbeitet, mit kleinen Änderungen und Schwenkungen nach dem verdienten Ende der
DDR (der Wende, wie Egon Krenz meinte). Schön, auch das erlebt zu haben, aber es folgten auch schwierige Zeiten.
Zuletzt habe ich mit 63 berechnet, dass der Rest vom Arbeitslosengeld fast bis zur vorgezogenen Rente reichen müsste. Da bekam ich einen
Telefonanruf von dem Chef einer Kundenfirma, ob ich nicht Lust hätte, ihnen über einen personellen Engpass hinwegzuhelfen. Es ging um irgend-
welche Anträge, und man brauchte einen Ingenieur, der sich mit Entwicklung auskennt. Wenn man mich bittet …, siehe oben, und seitdem helfe
ich also aus. In dem Job kam dann alles zusammen, was ich kann und immer schon machen wollte, und so bin ich jetzt dort immer noch tätig, als
weiser alter Uhu und Mann für die schweren Fälle.
In diesem Jahr blicke ich auf immerhin 40 Ehejahre zurück. habe zwei Söhne - Hendrik und Steffen, zwei Schwiegertöchter -eine aus Berlin, eine
von der Krim- und zwei Enkelinnen.
Korrektur: Seit dem 5.9.2011 haben wir ein drittes Enkelkind -Jarla- etwas früh erschienen, aber gut drauf. (tatsächlich, so kurz nach dem Treffen,
wir saßen gerade mit Monika und Charly zusammen morgens auf unserer Veranda, als die Nachricht kam)