spiele [Einschulungsfeier 1951 - 2011]

Was haben wir damals eigentlich so gespielt?


Start

Spiele?, ja was hatten denn unsere Eltern finanziell zur Verfügung, sie waren doch froh, dass
sie alle hungrigen Mäuler satt bekamen. Es gab ja auch keine Läden wie Toys, Saturn usw. und
trotzdem, oder gerade deshalb? hatten wir, denke ich eine recht schöne Kindheit. Wir haben die
Anziehsachen der älteren Geschwister getragen und Spiele….. In der Lehndorffstr. Rollschuh
gelaufen (wurden mittels Spanner unter das normale Schuhwerk befestigt), Schlagball mit Freunden,
in den Ruinen nach Blei, Kupfer usw. gesucht und beim Schrotthändler für ein paar Pfennige ver-
kauft. Mit einer Schnur und einem Stock so kleine “Brumm-Treisel” auf der Straße “gepeitscht”.
Aus Holunderzweigen Pusterohre, und aus Y-Gabeln Katapulte gebaut. Mit Freunden Abends durch die
Gärten der Nachbarn geschlichen und überall geklingelt und dann schnell weggelaufen und auf dem
Weg ins Licht- und Luftbad Obst (Pfirsiche, Stachel- und Johannisbeeren usw.) bei den Laubenpiepern
geklaut.
Wir waren bescheiden, wir kannten es ja auch nicht anders, und noch einmal: es war schön und ich
für mich, möchte diese Zeit nie missen. Charly 05.07.2011


Hallo Charly, ich kann mich noch erinnern, dass wir bei Dir mit solchen Relikten echter alter Gewehre
wilde Sachen gespielt haben. Uli


Radiozeiten

Im Winter saß man zusammengedrängt um den einzigen Ofen, denn die Kohlen waren ja rationiert und hörte einem Hörspiel oder Musik aus dem Radio zu. Die Mutter hatte entweder Socken oder Unterwäsche zu stopfen oder räufelte Wolle auf, um wieder einmal aus Altem Neues entstehen lassen. Nur so konnten wir auf unserem 1. Klassebild wie ausstaffiert aussehen.

Bis 1955? gab es in der Ehrlichstr. noch eine Vielzahl von Läden, die auf diese Bedürfnisse ausgerichtet waren, Posamenten, Strumpf-u. Unterwäscheläden, als wichtigster der Schuster (b. Monika), zwei Läden zum Mangeln der Wäsche. Bald wird man gar nicht mehr wissen, was das war: Mangeln (Ich musste da immer mitgehen, daher die besonderen Erinnerungen).

Ecke Liepnitzstr. konnte man noch einen echten Kaufmann bestaunen, bei dem ich meine Lieblingsbonbons, gelbe Hustenbonbons und grüne Maiblätter aus dem Glas (ob auf Marken, weiß ich nicht mehr)erstand. Die meisten Veränderungen machte wohl die Ecke Heiligenbergerstr. durch. Erst ging man dort mangeln, dann wurde es Wäschestützpunkt, Wahllokal, Kneipe usw. Als die ersten Kofferradios 1956?1) aufkamen, standen sich dort die Halbstarken die Beine in den Bauch. Mein Bruder hatte damals gerade seine Phase und rumste mit meinem Vater zusammen, darum weiß ich das so genau.

Nur die vier Gemüseläden boten immer das gleiche triste Bild und waren keiner Veränderung zugänglich.

In den Weihnachtstagen wurde dann die Puppenstube und der Kaufmannsladen vom Dachboden geholt. Mein Bruder baute seine Märklin-Eisenbahn auf. Jedes Jahr kamen neue Gebäude dazu, die wir aus Fertigteilen bauten und mit Bäumen und Grünflächen umgaben.

Fiel Schnee, ging es zu unseren „Rodelbahnen“ Lehndorffstr./Heiligenberger Str. oder Traberweg/Üderseestr. Leider wichen sie irgendwann geordneteren Verhältnissen.

Erstes Sammel- u. Tauschobjekt unter uns Mädchen waren sicher die Lackbilder, eine richtige, gut klassifizierte Bilderwelt. Im Schreibwarengeschäft Ecke Lehndorffstr( später Buch- Trieloff in der Heiligenberger Str.) und Ecke Liepnitzstr konnten wir diese Lackbilder erstehen. Hoch im Kurs standen später die Glitzerbilder aus dem Westen, mit denen wir unsere Poesiealben verzierten. Irgendwann kamen von dort auch die Schlager, die alle mitsangen, auch der Hula Hoop Reifen, der Petticoat und die erste ¾ Hose,( Gudrun hatte eine besonders flotte) die jedes Mädchen besitzen musste. Isolde, 03.08.11



Ich habe mich mit Horts Preuß darüber ausgetauscht: es gab “Mangeln” und “Rollen”. Unsere “zuständige” Mangel stand im Keller des Konsum-Hauses Ecke Liepnitzstraße. Ein beeindrückendes Monstrum - ich würde gern wissen, ob es noch da drohend vor sich hin steht.
Im Nostalgieprogramm wird gern das angeblich Urberliner Lied gesungen:
Komm hilf mit mal die Rolle drehn
du bist so dick und stramm
genier dich nicht und zier dich nicht
wir dreh'n det Ding zusamm',
Es werden nicht mehr viele Leute nachvollziehen können, wovon da überhaupt die Rede ist: Wäscheplätten mit einer großen, handbetriebenen Rolle.
Uli, 3.8.2011


Ein Nachkriegsutensil war der Handwagen, teils Transportmittel, teils Spielzeug. Als ich Mitte der 50iger unsere Nasswäsche damit abholen sollte, war das schon eine Arbeit unter meiner Würde. Es hätte mich ja jemand dabei sehen können. Vielleicht erzählen die Jungs mal ihre Geschichten um den Handwagen? Isolde, 03.08.11


Papier/ Bleistiftspiele

Mit wahrer Besessenheit haben wir eine zeitlang Stadt/ Land gespielt, erinnert ihr euch? Sogar in den Pausen. Um zu gewinnen, brauchte man Schnelligkeit, aber auch Wissen. In dieser Zeit habe ich sicher den Atlas öfter aufgemacht, auch um den Gegner zu überführen, wenn er irgendwelche Phantasieflüsse nannte. Zu Hause hatte ich eine intelligentere Version: Buchstaben und etwa 40 Karten( Wiss., Pflanzen, Blumen usw.)

Der Schönheit unserer Schrift war dieses Spiel aber gewiss abträglich. Betrachte ich meine damaligen Episteln, war meine Schrift kaum lesbar.

Noch ein bisschen und wir werden gar nichts mehr mit der Hand schreiben können? Isolde, 10.08.11


Noch ein bisschen, und und niemand wird mehr mit der Hand schreiben können: ich musste vernehmen, dass in Hamburg an einigen Schulen die Schreibschrift nicht mehr gelehrt wird. Uli, 10.08.2011


Ich habe in der Zeitung gelesen, dass man diese Frage diskutiert; eine noch mehr an die Druckschrift angepasste Handschrift soll in den Schulen gelehrt werden . Isolde, 10.08.11


Und das sieht so aus:
schreibschrift.jpg
Uli

1) eher 1957/58: Kofferradio