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Isolde und Said Ahmad | |
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April 2011
60 Jahre Einschulung, das ist ein gutes Datum! Bei mir werden es gleichzeitig 40 Jahre Syrien. Ja, seit 1971 lebe ich ununterbrochen in diesem Land.
Eine lange Zeit, wie es scheint, aber sie ist wie im Fluge vergangen.
In ihr habe ich gearbeitet, meine Kinder großgezogen…, ihnen eine gute Ausbildung zukommen lassen und bin mit den Leuten hier durch alle Krisen gegangen.
Was uns jedoch gerade als Demokratie und Freiheit verkauft und übergestülpt werden soll, wird die Länder nur destabilisieren.
Als wir in den 70iger Jahren herkamen, waren die Länder im Aufbruch, alle Möglichkeiten standen offen. Unsere Männer waren als Experten gefragt,
sie stiegen schnell auf, und Schritt für Schritt baute man sich eine Existenz auf. Leicht und angenehm war das Leben dadurch, dass man als
Ausländer einen guten Status hatte. Unsere Erfahrungen und Arbeitskraft waren immer gefragt. Die Syrer sind zudem sehr tolerant, auch in der
häuslichen Sphäre sah ich mich kaum Vorschriften und Einschränkungen ausgesetzt.
Meine Kinder zog es nach Schulbesuch und Studium in Syrien nach Deutschland zurück, was natürlich auch mich neu verankerte. Meine Tochter
promovierte an der TU Berlin /Architektur/ Baugeschichte, meine Söhne arbeiten im Computerbereich, und als Arzt in Zürich.
Was ließ mich so weit wegziehen? Die Liebe zu Sprachen? Oder die Geografie? Nach der EOS studierte ich von 1963-67 nämlich Slawistik/ Geografie
an der Humboldt- Uni. Gleich nach Abschluss des Studiums delegierte man mich 1967 für ein Jahr zu einem Zusatzstudium nach Leningrad: Perfektionierung
des Russischen, Land und Leute.
Da begann auch meine syrische Geschichte…
Liebe Gudrun, 11.04.11
Ich habe auf jeden Fall viel Vergnügen an Eurer Seite gefunden. Viel Erfolg!
Viele Erinnerungen sind hochgekommen, an den Schulweg, den Seepark, wo in der ersten Zeit noch Bombentrichter (?) voller Wasser blinkten, mit Kaulquappen drin. Später wurden da auch die 100m Läufe gestartet und Staffellauf und Stabübergabe geübt.( Gruß an Herrn Schwanitz, klärt mich mal über den Prof. auf)
Erinnerungen auch daran, wen wir auf dem Schulweg trafen, wer auf wen gewartet hat, wer wo gewohnt hat, ob es am Zeitungskiosk dir gegenüber schon die Frösi gab und in der HO die Schlange nicht zu lang war. Gleichzeitig steigen auch Gerüche auf, durchweg nicht angenehme. Am Schlimmsten war es,als mir schon nach der Wende ein Staubsauger /Marke DDR mitgebracht wurde, der mich so intensiv an den Unterrichtstag in der Produktion in der Spanplattenfabrik erinnerte, dass seine Entsorgung nicht lange auf sich warten ließ.
An dich, Gudrun, habe ich leider nicht viele Erinnerungen. Einmal muss ich bei dir zu Hause gewesen sein. Deine Mutter sehe ich noch wie heute, im schwarzen Kleid, mit Dutt im Nacken, die verkörperte Güte in Person.
Eine andere Erinnerung bezieht sich auf das Jahr 1953, als wir vor dem Hauseingang von Petra Gornig (?) Hopse spielten und fast von einem Panzer zermalmt wurden, der sich vom Spielplatz/Traberweg /Üderseestr.,aus dem Nichts gekommen, auf uns zu bewegte.Warst du dabei?
Du schriebst, dass du mit Monika mich oder meinen Bruder in der Lehndorffstr. gesucht habt. Mitte der 90iger fand sich der Alteigentümer ein und ihr kennt ja die weitere Geschichte. Trotzdem (mich schmerzt es nicht so sehr wie meinen Bruder)mache ich fast immer, wenn ich in Berlin bin, einen Nostalgiespaziergang zur Lehndorffstr., Ich fand sie verändert, aber in der rosaroten Blütenpracht im Frühling wunderschön. Ich dokumentierte sie von Anfang bis zum Ende und legte sie meinem Mann zur Betrachtung mit dem Hinweis vor, er könne mich noch in mehr „Blumen“ betten“(die Wendung ist jetzt frei von mir erfunden), aber auf jeden Fall benutzte ich die feine, diplomatische Form. Was ich erreichen wollte, war eine Verbesserung unserer damaligen Wohnsituation hier in Damaskus. So geschah es dann auch. 2004 kauften wir uns dann eine andere Wohnung, wo ich mich jetzt sehr wohl fühle.
Im Traberweg fand ich die Bäume sehr groß geworden. Meine verbliebenen *botanischen Kenntnisse reichen noch in diese Zeit, als wir für den Tierpark Eicheln und Kastanien sammelten und bei irgendeinem Lehrer( Frau Bergner?) ein Herbarium anlegen mussten, oder wir uns auf dem Schulweg die Ahorn- Klebenasen aufsetzten oder den Weg mit weißen Knallbeeren pflasterten.
Auffällig ist, Gudrun, dass wir uns, sobald wir in der EOS waren, gar nicht mehr gesehen oder füreinander interessiert haben, trotz der Tatsache, dass wir ja ab der 11. Klasse mit euch im selben Schulbau saßen. Waren wir so angestrengt mit dem Lernen beschäftigt? Bei uns in der Klasse wurde mächtig gesiebt, von anfangs 36 Schülern blieben nur 18 übrig.
Ich habe jetzt genug gequatscht. Ihr seid dran Viele Grüße Isolde
*mit den Fachbezeichnungen und deren Zuordnung befinde ich mich oft in totaler Sprachverwirrung, zw. dem Deutschen, Russischen, Arabischen
PS: Weiß jemand etwas über Frl. Bley?
Liebe Isolde, Dein Brief von gestern hat mich wirklich in jeder Hinsicht bewegt: Erinnerungen wurden wach, die Jahrzehnte schlummerten und das ist schon fast genug; aber dass Du Dich an meine Mutti noch erinnern kannst und mit so lieben Worten, das berührte mich sehr!!!
Nun zu einigen Deiner Fragen: an Frl. Bley versuchen wir heran zu kommen, ich traf sie zuletzt vor etwa 20 Jahren auf dem S-Bahnsteig Ostbahnhof Richtung Stadt und wir schwatzten intensiv miteinander. Ein Erlebnis mit ihr “trage” ich heute noch nach: für eine Schülerungezogenheit meinerseits bekam ich von ihr eine “5” und einen Tadel und Paulchen (Scigalla) hatte kurz zuvor die analoge Ungezogenheit begangen und er bekam keine “5”. Wie und warum man manches nicht vergißt!?!
An eine Panzergeschichte kann ich mich auch erinnern, sicherlich war es am gleichen Tag: er kam über Ehrlichstr. und Müritzstr. in den Seepark (so meine Erinnerung), dort wo einst die Pappeln standen und vor unserer Existenz ein Springbrunnen war, und fuhr auf die Wiese und versank immmer mehr, weil der Seepark ja wirklich einmal ein “See” war. Wahrscheinlich war ich beim Hopsespielen vor dem Haus dabei. Vielleicht erinnert sich Petra (Gornig), sie will auch kommen, aber sie kennt den “Pfad” noch nicht, denn zwei der letzten e-mails blieben unbeantwortet, so habe ich ihr die letzte Nachricht nochmal in Briefform übermittelt. Der Vorschlag, unser Treffen am 01. 09. 2011 zu veranstalten, stammt nämlich von Petra.
An den Sport im hinteren Teil des Seeparks kann ich mich auch noch erinnern: jahrelang hatte ich Schotterkörnchen unter der Haut an meinen Knien, desöfteren muss ich mit Mutter Erde Kontakt gehabt haben; übrigens waren es nach meiner Erinnerung nur 75 m - ist aber auch egal und unwichtig. Zu Herrn Prof. Schwanitz kann ich nichts beitragen, aber die 10.Klässler, die sich schon länger treffen, müssten da etwas wissen. Mir ist nur erinnerlich, dass wir alle in unserer “kindlichen” Art für ihn geschwärmt haben, aber er, so glaube ich mich erinnern zu können, nur für Karin Krüger genannt Grundner ein besonderes Auge hatte. Sicherlich hörst Du da noch aus irgeneiner Ecke etwas.
Ja, und Monika und ich wir suchten u. a. Deinen Bruder in der Waldowallee 93; Monika hatte irgendwie die Adresse ermittelt, aber da war leider nichts, auch in der Umgebung nichts, die ich abgeklappert hatte. Aber es hat sich ja alles zum Guten gefunden.
Den Zeitungskiosk gibt es schon ewig nicht mehr, die Knallerbsen kommen immer wieder und ich freue mich immer sehr, wenn junge Eltern dieses kleine “Vergnügen” ihren Sprößlingen zeigen.
Es stimmt, dass wir uns irgendwie nach der 8. Klasse aus den Augen verloren hatten, warum ist für mich auch nicht mehr erinnerlich. Ich kann mich aber noch gut an Deine Mutter erinnern, damals für mich groß und stattlich, kann ja auch täuschen, weil man selber so klein war.
Und Deinen Bruder sah ich früher oft in der S-Bahn, ich glaube er stieg meist Ostkreuz zu.
Es war einmal……
Liebe Isolde, das soll es gewesen sein. Der ein oder andere wird sich bei Dir vielleicht auch melden. Charly, Hans-Joachim Glomb (Stühlinger Str.) erinnert sich auch noch sehr gut an Dich und Helma's Brief hast Du bestimmt auch gelesen.
Tschüß und viele Grüße von Gudrun
P.S. Vielleicht sehen wir uns kurz, wenn Du in Berlin sein solltest.